Von Mobilfunkmasten und Plastikfischen – Umweltschutz in unserer Gesellschaft

Es kann durchaus als amüsante Ironie bezeichnen werden, wenn man sich via SMS zu einer Protestaktion gegen den Bau eines Mobilfunkmastes in der Nähe verabredet. Die Gesundheit wäre gefährdet, das Krebsrisiko stiege und die Kinder könnten nicht mehr schlafen. Dies sind häufig die Bedenken, die von den Protestierenden gehegt werden, nicht selten wohnhaft an Hauptverkehrsstraßen im städtischen Raum, dessen Verkehrslärm tatsächlich dauerhaften Stress bedeutet und zu Nervosität und Überlastungsgefühlen im Alltag führen kann, ganz zu schweigen von der städtischen Feinstaubbelastung, die in etwa so groß sein kann, wie regelmäßiger Tabakkonsum, eine Ladung Dreck, die, im Gegensatz zu Zigaretten, auch schon von Kindern eingeatmet wird. Der Erhalt der Gesundheit hängt anscheinend dennoch nur am Funkmast. Aber die Masten würden ja auch das Bild der Landschaft verschandeln. Gut, dies ist ein nicht zu widerlegendes Argument, da es wohl eine Frage des Empfindens ist. Auf das lückenlose Funknetz verzichten will dann aber auch keiner, man muss erreichbar sein, immer und überall, selbst im Wald, in der Tram oder am Badesee muss man Nachrichten und Posts auf Facebook und Twitter lesen können. Lol!

Nun betrachte man aber einmal andere, weniger lokale Umweltprobleme und suche nach Reaktionen in der Gesellschaft. Ein Beispiel: Die alte Plastiktüte und das Meer. Die Welt verbraucht enorme Mengen an Kunststoff, vor allem die Industriestaaten. Selbst wenn man vorbildlich auf die deutsche Mülltrennung achtet und keinen Kunststoffbeutel liegen ließe, so gelange doch immer ein Teil in die Umwelt, verweht vom Wind aus der etwas überfüllten gelben Tonne, die dadurch ein wenig offen stand. Da Plastik nicht verrottet, gelangt das meiste früher oder später in einen Bach, von dort in einen Fluss, von dem in einen größeren Fluss und endlich ins Meer; ist es dort, bleibt es dort, treibt mit den Strömungen auf den Weltmeeren herum und zerfällt langsam aber sicher zu kleinen Plastikfetzen. Nicht selten verwechseln Fische diese Fetzen mit Essbaren, schnappen zu und so kommt der Kunststoff in ihren Magen, wo er auch bloß nicht abgebaut werden kann und verbleibt so im Fisch, der verbleibt vielleicht im Netz eines Trawlers und landet letztlich vielleicht auf einem deutschen Mittagstisch, an dem gerade über den Mobilfunkmast diskutiert wird. Eigentlich sind einem die Kausalketten von Funkmast zu Funknetz und von Plastiktüte zu plastikgenährtem Fisch geläufig genug, um den Streit über dem Mast aufzugeben und anzufangen, sich für weniger Kunststoff einzusetzen, auf Plastiktüten beim Einkauf zu verzichten bzw. sie mehrfach zu verwenden, Wurst und Käse an der Theke zu kaufen, um die eingeschweißte Ware zu umgehen oder andere Kleinigkeiten des Alltags zu beachten. Stattdessen überlässt man die Lösung der globalen Probleme der Politik, Greenpeace, Nabu e.a., denen man in der Fußgängerzone mal 10 Euro spendet, um seinem Umweltgewissen die Absolution zu erteilen und sich wieder dem Funkmast vor der eigenen Tür und dem wöchentlichen Fisch auf dem eigenen Teller zuwenden zu können. In diesem Sinne, Guten Appetit.

 Moritz F. Richter

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