2. Seminarwoche der SUA URANIA e.V.

Hallo liebe Leser und Leserinnen,

nun ist Januar des neuen Jahres, was heißt, dass schon 4 Monate von unserem laufenden FÖJ-Jahr vergangen sind. Nicht nur die Arbeit in unseren Einsatzstellen gehört zum Verlauf des Jahres, sondern natürlich auch unsere 5 Bildungswochen.

Wir Ökis der URANIA e.V. hatten Anfang Dezember unser zweites Seminar, welches sich mit dem Thema „Mensch und Gesellschaft“ beschäftigte. Fünf von unseren Freiwilligen waren dabei bereit, über einzelne Tage einen kleinen Text zu verfassen, um einen Einblick in diese sehr intensive und interessante Woche zu geben.

Vielen Dank an die fleißigen Schreiber, es sind sehr amüsante und interessante Artikel entstanden. 🙂


Seminarwoche in Pirna-Liebethal vom 04.12.2017 bis 08.12.2017

Montag, 04.12.2017 : „Kein Tag wie der andere“

Nun sitze ich hier, ich alter Grashüpfer, schau‘ den Regentropfen beim Fallen und vielen traurigen Gesichter im gerade so grauen Dresden zu. Irgendwas will ich heute noch erleben. Wer steigt denn da aus der Straßenbahn? Welch ein ulkiger Kerl: Lange Haare, lustiger Bart und schleppt einen Kasten vor seinem Bauch herum, über den er eine Unterhose gezogen hat. Ich würde was verpassen, ginge ich nicht mit. Seine Kapuze scheint ein gutes Versteck zu sein.

Er geht zur Umweltakademie, konnte ich mir doch denken, dass er ein Öki ist, doch da hinten stehen noch mehr, alle bepackt, aber lächelnd, welch schöne Abwechslung. Ich kann meinen Fassettenaugen kaum trauen, da haben ja manche Plüschtiere dabei. „Wozu brauchen wir die Kuscheltiere?“, fragt ein Blonder mit Engelshaaren. Habt ihr die etwa spontan mitgebracht?

Nun endlich kommt der Bus, meine Antennen sind schon ganz lockig von der feuchten Luft. Alle haben ihr Gepäck verstaut und es geht los, schon starten emsige Gespräche und die Laune ist bestens. Mitzukommen war eine gute Idee.

Das Jugendgästehaus von Straßenseite

Der Innenhof

‘Pirna-Liebethal‘ heißt der Ort hier, das Gebäude da auf dem Felsen sieht ja fast wie ein kleines Schloss aus, das ist wohl das Quartier. Im Regen tragen sie ihr Gepäck hinein, doch umso wärmer erscheint der Empfang: Kleine Kronleuchter verbreiten warmes Licht und die Dame des Hauses scheint sehr freundlich zu sein. „Wir spielen jetzt etwas, wofür ihr eure pelzigen Freunde mitbringen solltet.“, ertönt es. Kein Kaffe oder Mittag, sie spielen erstmal? Soll mir doch einer diese FÖJ’ler verstehen, ich mach’s mir auf dem Kamin in dem Speisesaal, wo sich auch alle anderen einfinden, bequem. Jeder verteilt seine Liebsten. Tiere, Schals und Socken liegen getrennt verstreut im Raum und jetzt geht es los. Es werden menschliche Ketten gebildet, was mich an meine Ameisen-Nachbarn erinnert. Ebenso ein verquirltes Völkchen. „ Rettet eure Kuschelfreunde aus der reisenden Strömung, verliert jedoch nicht die anderen Kettenglieder oder ihr ertrinkt!“, ruft eine junge Dame mit Zopf. Über den kalten Boden kriechend wird gesammelt, immer schneller gesammelt. Geschafft!

Immer noch steht das Gepäck im Flur herum, der Raum mit dem Stuhlkreis füllt sich, vorne kommt eine Gruppe junger Hüpfer zusammen. Die haben auf jeden Fall das Sagen.

Der Wochenplan

Tischkicker 😀

Von hier oben kann ich das ganze Theater überschauen, hinter mir steht ein Kicker-Tisch, sicher mache ich jemanden heute daran zur Schnecke. Während ich darüber nachdenke, heften sie irgendwelche Uhrzeiten an die Tafel, dann für jeden Wochentag Stichpunkte ohne Ende. Ich konnte aus meiner Zeit in der Dresdner Grasfitti-Szene einiges über die deutsche Sprache lernen: Ein Planspiel und viele Diskussionen stehen nun dran, aber auch Filme – Ich liebe Filme – und eine Exkursion in das liebliche Pirna. Die haben sich richtig Mühe gegeben.

So wie alles besprochen und ausgefragt ist, gehen sie zusammen in den Korridor zur nächsten Tafel. Mist, ich kann nichts sehen. Die rothaarige Frau in der Mitte des Kreises informiert gelassen: „Ihr wisst sicher schon, mit wem ihr in einem Zimmer schlafen wollt, die Zimmer sind hier und in der Ferienwohnung über‘n Hof“. Da meldet sich schon das erste Grüppchen zu Wort und ehe sie losgehen, setze ich mich wohl besser an den Schlüsselbund ‚31‘. In den Zimmern gibt es Betten, über denen noch ein Bett ist, wie verrückt diese Welt doch ist. Der größte Luxus, finde Ich, ist ja das Waschbecken, nur hoffe ich, dass keiner jenes diese Woche ignorieren wird.

Es geht direkt weiter zum Mittagessen, die Jungs sind sehr eilig unterwegs, die Luft pustet mich ja schon fast vom Kopf dieses Brillenträgers. Das Buffet hat einiges zu bieten, jedoch kann ich hoffen, bis keiner mehr da und etwas übrig bleibt. Sollte mich jemand sehen, gefiele das dem Gesundheitsamt absolut nicht. Die FÖJ’ler sind sehr aktiv, es geht mit einem ominösen ‚Planspiel‘ weiter. Sie fantasieren, als seien sie auf einer einsamen Insel gestrandet, ich sehe jedoch weder Sand noch Insel oder endloses Meer. Die einen wollen schroff ihre Verletzten essen, während es sich andere in einer Höhle bequem machen. Am Ende wird leider keiner über das Messer geschickt, doch kann ich kaum so manche Geschichte abwarten.

Der Nachtisch zum Mittagessen

Letztlich finden meine Nerven wenig Ruhe. Im Film ‚Die Welle‘ erstrahlt Jürgen Vogel in vollster Schönheit. Nun merke ich, was hier das Thema ist: Ideologie. Es ist ein hitziges dazu, was die Teilnehmer aber nicht aus der Ruhe bringt. Die, von einem bunten Stock begleitete Gruppenunterhaltung nach dem Film, bezüglich der Eindrücke, verläuft betroffen, doch entschlossen. Jeder sagt etwas und auch jeder hat eine klare Meinung dazu, vernünftige Leutchen.

Das Abendbrot ist der verdiente Lohn, mehr als ein halbes Schnittchen schaffe ich jedoch nicht. Alle verteilen sich, doch niemand bleibt alleine. Zehn Minuten sehe ich mir eine chinesische Runde Tischtennis an, mir wird dabei ein wenig übel, ich leg‘ mich schlafen. Morgen wird sicher ein super Tag.

Text: Jonas Filor